GUTE BEDIENUNG

Geschrieben am 21.06.2024
von Joachim Heisel


Nachdem ich tagelang mit Schuhen gelaufen war, die offensichtlich für längere Spaziergänge nicht geeignet waren, und Schmerzen bekam, musste ich mir neue Schuhe kaufen. Ich muss dazu sagen, dass ich auf Grund der etwas vom Normalen abweichenden Anatomie meiner Füße für jeden Schuhverkäufer eine echte Herausforderung  darstelle! Aber ich geriet an den richtigen! Er war mittleren Alters, also schon im Leben und Beruf erfahren. Der erste Schuh, den er heraussuchte, war zu schmal und drückte an der Seite, vor allem rechts. "Das haben wir gleich", sagte er zuversichtlich. Er bat mich darum, mich auf eine Glasplatte zu stellen und  ich konnte meine Füße in den buntesten Farben sehen und sah tatsächlich wie ungleich sie sind, was ich bisher nicht wusste. Man lernt ja immer etwas über sich selbst dazu, wenn man andere an sich heranlässt!
 
"Ihr rechter Fuß ist deutlich breiter als der linke. Das ist häufig so.", sagte er beruhigend.
Man merkte, dass die ganze jahrzehntelange Erfahrung  seiner vielen Berufsjahre  in seine Beratung einfloss und dass in diesem Moment seine ganze Bemühung darin bestand,  für mich die richtigen Schuhe zu finden, obwohl er zwischendurch auch noch anderen Kunden Auskunft gab. Indem er mir riet, schon im Laden mit den Schuhen herumzulaufen und auch noch Treppen zu steigen, baute er ein retardierendes Moment in das Kaufgeschehen ein  und gab mir Gelegenheit, mich  mit den Schuhen anzufreunden. Es ist ja nicht einfach, in einem Augenblick eine Entscheidung zwar nicht fürs ganze Leben, aber immerhin möglicherweise für einige Jahre zu treffen, wo man auf Gedeih und Verderb mit diesen Schuhen herumlaufen muss. "Ja, es sind die richtigen" spürte ich in meinen Füßen. Er brachte mir zum Vergleich noch ein anderes Paar, aber sagte gleich dazu: "Die sie jetzt ausgesucht haben, das ist unser Mercedes." Und ich spürte, dass er Recht hatte. Ich fahre zwar nur  einen Skoda, mit dem ich aber sehr zufrieden bin, aber das leuchtete mir ein. Wir gingen dann gemeinsam zur nächsten Kasse, damit ich unten an der Hauptkasse nicht zu lange in der langen Schlange warten musste und ich bedankte mich für die gute Bedienung.

Jede Arbeit ist letztlich ein Dienst für andere. Christus selbst hat hat gedient. Er hat beim Letzten Abendmahl den Jüngern sogar die Füße gewaschen (Joh 13,1-20). Und er hat von sich gesagt: Ich bin nicht gekommen, um mich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen (Mt 20,28). Mutter Teresa war die Ikone des Dienens schlechthin. Gerade zu jungen Menschen, die zu ihr nach Kalkutta  kamen,  sagte sie oft den einfachen Satz: Was du tust, kann ich nicht tun. Was ich tue, kannst du nicht tun. Aber zusammen können wir etwas Schönes für Gott tun.

Sie wollte damit sagen, dass jeder Mensch eine ganz individuelle Berufung des  Dienens hat, die von ihrer Art zu dienen ganz verschieden sein mag und dass Dienen letztlich auch ein Gottesdienst sein kann. 

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