SEGEL SETZEN

Geschrieben am 03.07.2024
von Joachim Heisel


Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.

Aristoteles (384-322 v. Chr.)

Ich kenne das aus zahllosen Gesprächen mit Patienten in verfahrenen Situationen, die  keine einfache Lösung hatten und die Psychiater es als Anpassungsstörung bezeichnen, wenn der Klient anhaltend darunter leidet und keine adäqate Antwort darauf findet. Man hat sich in einer  Ehe entfremdet und aneinder abgearbeitet und weiss nicht wie es denn weitergehen soll. Der Sohn oder die Tochter hat den Kontakt abgebrochen. Eine schwere Erkrankung ist aufgetreten. Der Schuldenberg ist so hoch geworden, dass man nicht mehr darüber hinweg blicken kann.

In Abwandlung des Wortes von Aristoteles könnte man sagen: Das Problem ist momenten nicht zu lösen. Das einzige, was wir ändern können, ist unsere Einstellung zu dem Problem.

Hier kann uns helfen, den Blick auf die Anteile in unserem Leben, die noch intakt sind, zu lenken, und damit das Problem etwas aus dem Zentrum unseres Denkens und Fühlens zu rücken. Das mag ein Kontakt mit Menschen sein, die uns gut tun oder ein neu entdecktes Hobby, einen alten Freund oder eine Freundin von früher anzurufen, zu denen wir schon lange keinen Kontakt mehr hatten. Manchmal hilft es uns selbst am meisten, wenn wir anderen helfen, denen es vielleicht noch schlechter geht als uns selbst. Ich denke da auch an Patienten, die in einer Selbsthilfegruppe eine Stütze finden oder selbst für andere Stütze werden.

Manchmal finden sich dann mit mehr Abstand auch Wege wie man mit dem "unlösbaren" Problem besser umgehen kann, vielleicht neue Wege findet oder lernt, damit zu leben.

Neulich nach einer Autorenlesung bin ich zufällig in Wörth an der Isar vorbei gekommen. Dort gibt es ein Gnadenbild zur "Mutter des Guten Rates". Zum Original dieses  Bildes aus dem 15. Jahrhundert in Genazzano bei Rom pilgerte Papst Johannes XXIII. zu Beginn seines Pontifikats am 25.August 1959. Eine Kopie dieses Bildes fand  der Pfarrer von Wörth  Ludwig  Fischl mitten im Krieg im Oktober 1944 auf dem Dachboden eines alten Bauernhauses und ließ es für seine Kirche wieder herrichten. Seitdem haben tausende Menschen dieses Bild in ihrer Not aufgesucht. Viele haben von der Hilfe berichtet, die sie erfahren haben.

Auch noch ein Möglichkeit, zusätzlich ein Segel zu setzen, wenn wir denn daran glauben könnten... 

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