SCHNULLER

Geschrieben am 10.07.2024
von Joachim Heisel


Bei einer Umfrage unter 30 bis 39 jährigen äußerten 53 Prozent, dass sie lieber einen Monat auf Sex verzichten würden als auf ihr iPhone und jeder Dritte wünscht sich von seiner Partnerin oder seinem Partner soviel Aufmerksamkeit zu erhalten wie deren oder dessen Handy. Die Münchener Beziehungsberaterin Andrea Bräu sagt dazu: Das Handy ist für viele wie ein Schnuller, der bei jedem Impuls, jeder aufkommenden Emotion gegriffen wird. Der Reiz besteht darin, dass man nicht warten muss, bis der Partner Zeit hat.

Besonders in Zeiten großer Anspannung oder Frustration ist die Gefahr groß, Zuflucht zum Handy zu suchen. Es ist auch dann ein willkommene Zuflucht, wenn man sich mit dem realen Gegenüber nicht abgeben will. Wer beim Essen das Handy auf den Tisch legt, um bei erster Gelegenheit danach zu greifen, will vielleicht einem  unliebsamen Gespräch aus dem Wege gehen oder sich nicht unnötig mit Problemen anderer belasten.
Wenn der Partner oder die Partnerin zuhause auf dem Sofa abends als erstes die verpassten Social Media Nachrichten abruft und beantwortet, heisst das, dass ihm oder ihr die konkrete Person im Raum weniger bedeutet als das  Handy und was es für ihn oder sie  bedeutet.

Dahinter steckt auch ein gutes Teil Bequemlichkeit und Egoismus, denn es ist allemal anstrengender sich anzuhören, was den Anderen oder die Andere im Laufe des Tages bewegt und vielleicht auch belastet hat, als sich mit seinen eigenen Vorlieben zu beschäftigen.

Früher haben mir manche Patientinnen in mittleren Alter gesagt: Sein Auto ist meinem Mann wichtiger als ich. Ähnlich wie eine Affäre kann technisches Gerät - jetzt das Handy - auf Dauer zu einem  "Beziehungskiller" werden.

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