WIE EIN SCHIFF

Geschrieben am 30.10.2024
von Joachim Heisel


Alltag ist das, was bei vielen Menschen häufig vorkommt. Es ist das, was alle Tage bei uns passiert, dieser breit dahin strömende Strom unseres Lebens, in dem wir schwimmen und von dem wir nach Jahren nur in Erinnerung halten, dass er einmal gewesen ist. Es sind diese Tage, von denen wir nach Jahren keine genaue Erinnerung haben. Es ist die Füllmasse unseres Lebens, von dem wir sagen, wir wissen nicht, wohin die Jahre gegangen sind. Es kann uns traurig machen, dass unsere Tage so scheinbar im Nichts versinken und wir solches an uns erfahren. Man hat das Leben gelegentlich mit einem Schiff verglichen. Das Schiff zieht langsam durch die Wogen des Meeres, und nichts bleibt von seiner Spur.
Vor Jahren musste ich einer Patientin eröffnen, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt war. Sie antwortete mir: „Herr Doktor, das ist gar nicht so schlimm, wenn ich jetzt sterben muss. Im Leben ist es ja doch immer dasselbe.“ Ja, es ist zwar immer dasselbe. Doch andererseits ist das Leben auch immer wieder neu. Wir bemerken nur dieses Neue nicht, weil wir selber ständig anwesend sind, wir als Hauptperson, die sich immer wieder anpasst und immer dieselbe bleibt. Aber man muss auch sehen, dass wir Gott und den Menschen überall neu begegnen können. Und diese Möglichkeit ist das eigentliche Abenteuer unseres Lebens. Gott hat schon am Anfang an uns gedacht und hat zu uns gesprochen: „Mein Sohn bist du. Heute habe ich dich gezeugt“ (Ps 2,7). Und: „Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: ich vergesse dich nicht“ (Jes 49,15). 

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